Nein heißt Nein! Ich will das nicht!
Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Augsburg, Frau Nazan Simsek, im LiesLotte Gespräch (Ausgabe April/ Mai 2023) über Kinder und ihre Gefühle.
Es erfordert eine große Portion Mut, Nein zu sagen und dies auch laut zu tun, vor allem zu einem Erwachsenen ! Da ist nicht nur der sichtbare Größenunterschied, das Aufschauen zum Erwachsenen, sondern auch die Erkenntnis, dass Erwachsene „Bestimmer“ sind. Häufig wird der Widerspruch eines Kindes gegenüber Erwachsenen in der Erziehung untersagt. Erwachsene geben die Regeln vor und sagen, was das Kind machen soll und was nicht.
Dabei hat ein Kind das Recht auf Selbstbestimmung. Das Kind darf also nachfragen oder widersprechen, wenn die Erwachsenen etwas von ihm fordern. Dies gilt umso mehr, wenn die körperliche Selbstbestimmung betroffen ist. Ein „Nein, ich mag dich nicht umarmen. Nein, ich will nicht auf dein Schoß“ sind deutliche Grenzsetzungen des Kindes, die es zu respektieren gilt. Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten, sie haben ein Recht auf Grenzsetzung. Dies ist Ausfluss ihres Selbstbestimmungsrechtes.
Es ist wichtig mit Kindern über Emotionen zu sprechen und ihnen deutlich zu machen, dass jeder mal eine Portion Mut braucht, auch die Erwachsenen. Greifen Sie im Gespräch nicht vor, lassen Sie Ihr Kind erzählen, beschreiben, wie es sich fühlt, stellen Sie offene kindesgerechte Fragen und lassen Sie Ihrem Kind Zeit, die Gefühle selbst zu erfassen und zu verstehen. Zudem können Sie durchaus Ihr Kind in kindsgerechter Sprache auf schwierige Situationen vorbereiten. Gemeinsam mit dem Kind können sich Eltern dann überlegen, welche mutigen Wege es geben kann und wo man sich Hilfe holen kann.
Dies stärkt das Selbstwertgefühl Ihres Kindes. Das Kind lernt in Gesprächen mit Erwachsenen emotionales Verständnis und somit seinen eigenen Gefühlen zu trauen und diese ernst zu nehmen.
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, denn Kinder lernen viel durch Beobachten von Erwachsenen. Eltern haben also mit ihren persönlichen Einstellungen und Werten Einfluss auf den Umgang der Kinder mit auftretenden Herausforderungen. Eine liebevolle Begleitung und zugewandte Bestärkung fördert nicht nur die Bindung, sondern zeigt dem Kind auch, dass es ernst genommen wird. Eine gute Bindung wiederum ist eine wichtige Voraussetzung um sich bei den Bezugspersonen Hilfe holen zu können und sogenannte schlechte Geheimnisse, unangenehme Themen oder Probleme, anzusprechen.
Dies sind bereits die ersten Schritte zu einer präventiven Erziehungshaltung.
Eltern sind bestrebt, insbesondere im Hinblick auf die Gesundheit des Kindes, Vorsorge zu treffen. So geht man zum Beispiel zum Zahnarzt um Karies vorzubeugen. Auch die Seele Ihrer Kinder braucht Vorsorge, denn auch das emotionale und seelische Gleichgewicht ist wichtig für das Wohlbefinden Ihrer Kinder.
Die sogenannte präventive Erziehungshaltung will die Kinder bestärken, Nein zu sagen, sich Hilfe zu holen und Unangenehmes anzusprechen. Präventive Projekte, wie die von der Anlaufstelle für Kinderschutz, unterstützen die Eltern beispielsweise in Form von Vorträgen oder wenden sich direkt an die Kinder.
Der Kinderschutzbund Augsburg und dessen Anlaufstelle für Kinderschutz bietet ganz konkret zum Thema Prävention vor sexuellem Missbrauch den Vortrag „Kinder stärken = Kinder schützen“ an.
Ganz neu gibt es ab März 2023 ausserdem das Präventionsprojekt „Glitzi und die starken Drei“ für Kinder in der Vorschule bis zu 8 Jahre. In 4 mal 60 Minuten erfahren die Kinder mit Tanz- und Theaterpädagogischen Methoden etwas über den Umgang mit ihren Emotionen. Sie lernen, dass sie das Recht haben „Nein!“ zu sagen und dass über ein schlechtes Geheimnis zu reden, kein Petzen ist. Das Präventionsprojekt „Glitzi und die starken Drei – Kinder und ihre Gefühle“ kann von Einrichtungen, Kindergärten und Grundschulen bei der Anlaufstelle für Kinderschutz (www.kinderschutzbund-augsburg.de) gebucht werden.